Das Palais Trautson ist ein bedeutendes Denkmal ungarischer Kulturgeschichte in Wien. Umso mehr leuchteten meine Augen, als ich erfuhr, dass die derzeit laufenden Fassadenrestaurierungen von einer ungarischen Restauratorin geleitet werden. Mir schossen unzählige Fragen durch den Kopf – über das Projekt selbst und ganz allgemein über Restaurierungsarbeit. Also suchte ich Éva Laborc auf; schon tags darauf konnten wir bei einem Kaffee über ihren beruflichen Werdegang, Herausforderungen, Kuriositäten und die Restaurierung am Palais Trautson sprechen.
Das Trautson-, Garde- bzw. Leibgardepalais wurde 1710–1712 von Johann Bernhard Fischer von Erlach d. Ä. im Auftrag des Fürsten Trautson entworfen. Das Gebäude diente als Unterkunft der adeligen Leibgarde Maria Theresias. Ihre Kommandanten stammten aus den wohlhabendsten ungarischen Familien, etwa den Esterházys oder den Pálffys. Unter den Gardisten finden sich Namen wie György Bessenyei, Sándor Kisfaludy, der Arader Märtyrer Ignác Török, Artúr Görgei, György Klapka. Später beherbergte das Palais vierzig Jahre lang das Collegium Hungaricum. Heute ist darin das österreichische Justizministerium untergebracht, die Fassade wird aktuell saniert. Das kleine Team, das die Skulpturen und Reliefs restauriert, wird von Éva Laborc geleitet.

Erzähl von den Anfängen! Wie führte dein Weg nach Österreich?
Ich komme aus Baj. Ich besuchte eine berufsbildende höhere Schule für Kunst und absolvierte anschließend an der Kunstfakultät in Pécs das Studium der Bildhauerei. Ein Jahr lang arbeitete ich als Restauratorin am Dom von Pécs. Meine beste Freundin war inzwischen nach Wien gezogen. Sie schlug vor, es auch hier zu versuchen. Ich wollte ohnehin Deutsch lernen – also bot es sich an, auszuwandern, und schließlich blieb ich. Ich lebe seit September 2011 hier.
War nach der Bildhauerausbildung für dich klar, Restauratorin zu werden?
In jungen Jahren malt man sich naiv aus, wie toll es wäre, als Bildhauerin zu arbeiten. Spätestens beim Berufseinstieg kommt die Frage: Worin bin ich wirklich gut – und wie kann ich dieses Können am Arbeitsmarkt zur Geltung bringen? Ich kann in Materialien und Formen denken – so kam Restaurierung als Erwerbstätigkeit in den Blick. In Pécs konnte ich bei den großen Sanierungen am Zsolnay-Mausoleum anfangen, als Pécs Europäische Kulturhauptstadt wurde.


Wie schwierig war es, in Wien beruflich Fuß zu fassen?
Anfangs arbeitete ich zwei Jahre als Au-pair und lernte die Sprache. Dann schrieb ich so lange Restaurierungsfirmen an, bis ich bei einer unterkam. Dort war ich einige Jahre, danach wechselte ich zu meinem jetzigen Arbeitgeber. Zwischendurch legte ich eine Pause ein, machte eine Ausbildung zur Zahntechnikerin und kehrte dann wieder zur Restaurierung zurück.
Ist die Zahl der Wiener Projekte begrenzt? Wo arbeitet ihr noch?
Früher arbeiteten wir in Niederösterreich an unterschiedlichen, ein paar Monate dauernden Projekten. Da fuhren wir morgens weg und kamen abends heim – das war ziemlich belastend, deshalb legte ich den Job vorübergehend zurück. Mein Chef lockte mich wieder, indem er Aussicht auf Projekte in Wien stellte.
Wie viel freie Hand hast du bei der Arbeit?
Das hängt von der Bedeutung des Projekts ab. Als ich beim Kunsthistorischen und beim Naturhistorischen Museum begann, waren die Vorgaben viel strenger. Eine Kollegin erzählte, dass auch bei der Restaurierung des Stephansdoms auf jedes Detail zu achten war. Beim Palais Trautson sind die Vorschriften weniger rigide, weil das Gebäude schon zigmal restauriert wurde und nicht alles aus Stein besteht. Es gibt Archivfotos, aber auf wenigen sind Details wirklich gut zu erkennen. Derzeit arbeiten wir an einem Abschnitt, über dessen Fenstern Frauenskulpturen stehen, deren Köpfe stark verwittert sind. Wir haben ein Foto, auf dem man nichts erkennt, es gibt keine Dokumentation – hier bekamen wir freie Hand. Bei einem umfangreicheren, bedeutenderen und höher budgetierten Projekt wären uns die Hände viel eher gebunden.






Welche Fähigkeiten braucht eine Restauratorin deiner Meinung nach?
Geduld, manuelles Geschick, Problemlösungskompetenz, Materialkunde.
Welche Aufgaben, Arbeitsphasen magst du am liebsten?
Alles, was mit Bildhauerei zu tun hat. Kürzlich fehlten mehreren Skulpturen die Hände – die musste ich modellieren und anschließend in Stein ausführen. Es gab auch ein Keramikrelief, von dem ein Silikonnegativ anzufertigen und anschließend Abgüsse zu gießen waren. An jedem Ort treten andere Probleme auf, die Projektstruktur ist stets anders.



Wie körperlich anstrengend ist dein Beruf?
Ehrlich gesagt freue ich mich über meine jetzige Arbeit mehr als über die Zeit als Zahntechnikerin, als ich den ganzen Tag saß. Man gewöhnt sich ans viele Stiegensteigen und wird fitter. Sehr heißes Wetter ist unangenehm.


Welche Aufgaben hast du im Winter?
In der kalten Jahreszeit versucht man, uns Innenraumprojekte zu geben. Wir restaurieren dann Stuck in Innenräumen oder erledigen Werkstatttätigkeiten. Momentan arbeite ich fünf Tage pro Woche, möchte im Winter aber parallel auch an eigenen Projekten arbeiten.
Sind das deine handwerklich hergestellten Produkte?
Ja. Früher habe ich mich im Schmuckdesign versucht. Schon an der Uni habe ich mich mit Holzschmuck beschäftigt, und auch das Nähen hat mich sehr interessiert. Während der Pandemie habe ich mich intensiver damit beschäftigt, aber die Marge ist leider nicht groß genug, um die Kosten für hochwertiges Material und den Zeitaufwand zu decken. Nach der Zahntechniker-Ausbildung kam mir eine neue Idee, in der ich meinen ursprünglichen und den neuen Beruf verbinden kann: Zahnskulpturen und zahnmedizinische Dekorationen. Ich plane sie für die Wartezimmer von Zahnarztpraxen. Damit habe ich vor Kurzem begonnen. Ich war im Rahmen meiner Arbeit in vielen Ordinationen und stellte fest, dass Dekoration nicht ihre Stärke ist. Da ich die Zahnanatomie kenne und viel Zeit und Energie ins Lernen gesteckt habe, dachte ich: Warum das nicht nützen?

Das Palais Trautson hat in mehrfacher Hinsicht einen Bezug zur ungarischen Kulturgeschichte. Zeigt sich das irgendwo an der Fassade?
Kürzlich sah ich ein altes Foto, auf dem in der Mitte der Fassade auch das ungarische Wappen zu sehen ist. Inzwischen ist es vollständig entfernt. Wir haben mit meinem Chef zwar gescherzt, ich würde es gern neu machen, aber dieser Zustand wird nicht wiederhergestellt – das Gebäude hat heute eine andere Funktion.
Was sind die größten Herausforderungen in diesem Projekt?
Dieses Gebäude wurde bereits mehrfach restauriert. Vieles ist aus Stein – etwa die Fensterrahmen –, aber sehr vieles ist aus Putz. Beim Stein – sofern er nicht überstrichen wird – muss man die Ergänzungen farblich an das Original anpassen. Wir verwenden Sande in unterschiedlichen Farben und Körnungen, um das anzupassen. Ergänzungen müssen immer weicher sein als der Originalstein, denn Feuchtigkeit wandert das ganze Jahr über durch das Mauerwerk. Früher wurde das bei Restaurierungen oft nicht berücksichtigt: Man verwendete oft sehr harte, zementhaltige Ergänzungen – also auf einen weicheren Stein kam eine härtere Zementergänzung. Die ließ die Feuchtigkeit nicht wandern, die eingeschlossene Nässe fror im Winter und zerstörte den Originalstein hinter der Ergänzung. Deshalb verwenden wir speziellen Kalk und fügen je nach Härte des Steins kleinere Mengen Zement hinzu.

An einer bestimmten Skulptur am Gebäude gibt es eine bräunlich-schwärzliche Stelle. Sie sieht so aus, als wäre sie verschmutzt. Das Bindemittel haftet dort nicht, deshalb brauchen wir an dieser Stelle eine andere Lösung. Auch die Witterung trifft die Gebäudeteile unterschiedlich, deshalb sind sie in unterschiedlichem Zustand.
Es ist mein erstes Projekt in leitender Funktion. Spannend ist, dass die anfallenden Probleme von mir zu lösen sind. Zunächst war das ungewohnt; schließlich wurde mir klar, dass übermäßiges Grübeln nicht nötig ist – ich kann auf mein Fachwissen vertrauen und Entscheidungen treffen.
Titelbild, Text: Noémi Farkas
Übersetzung: Pathy





































