Beim Unterwarter Gesangsverein war vor der Sommerpause einiges los: Am 15. Juni luden sie am Nachmittag zu einem Freiluftkonzert in den Garten des Museums „Unterwarter Heimathaus/Alsóőri Otthon“ ein, bei dem auch der Chor der Volksschulkinder auftrat. Bereits am Wochenende davor präsentierte sich der Gesangsverein zum ersten Mal in seiner 106-jährigen Geschichte in Ungarn.
Der Unterwarter Gesangsverein wurde im Herbst 1919 ursprünglich als Männerchor gegründet. Initiiert wurde der „Sängerbund“ vom damaligen Pfarrer der Pfarrkirche zur heiligen Katharina von Alexandria in Unterwart, mit dem Ziel, das Gemeinschaftsleben in den Nachkriegsjahren wiederzubeleben. Schon von Beginn an übernahm der Chor nicht nur eine musikalische, sondern auch eine kulturelle Rolle: Es wurde auch eine Theatergruppe betrieben. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich der Chor zu einem gemischten Ensemble weiter. Der Unterwarter Gesangsverein ist bis heute ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens der Gemeinde. Sein Wirken ist stark von Wertschätzung und Pflege der Tradition geprägt – das Ziel ist, das ungarischsprachige Volks- und Kirchenliedgut des Burgenlandes/Őrvidék zu bewahren und an die nächsten Generationen weiterzugeben. Im Jahr 2019 feierte der Chor sein 100-jähriges Bestehen. Der Verein tritt regelmäßig an kirchlichen Feiertagen auf – etwa am Palmsonntag oder bei den Kreuzwegandachten – und beteiligt sich auch an Veranstaltungen der Gemeinde Unterwart sowie der Volksschule. Am 7. Juni war der Chor diesmal in der Kunstvolkshochschule des Kultur‑ und Jugendzentrums der Stadt Szombathely und ihres Komitats (MMIK) zu Gast: Im Rahmen der dritten Regionalveranstaltung des „TalentPalette“ („TehetségPaletta“)-Programms des Nationalen Kulturinstituts, das sich an Amateurkünstlerinnen und ~Künstler richtet, brachten sie die Kultur des Burgenlandes in den Komitat Vas. Besonders bemerkenswert: Es war der erste Auftritt des Chores in Ungarn in seiner 106-jährigen Geschichte.

Die im Frühjahr gestartete Veranstaltungsreihe TehetségPaletta („TalentPalette“) ist ein ungarisches Projekt, das Amateurkunstgruppen und kreative Einzelpersonen aus dem gesamten Karpatenbecken eine Plattform bietet – mit professioneller Begleitung und fachlicher Förderung. Die Initiative wird vom Nationalen Kulturinstitut koordiniert und durch das ungarische Ministerium für Kultur und Innovation unterstützt. Ziel ist es, die kulturelle Arbeit der Teilnehmenden zu fördern, Gemeinschaften zu stärken, Nachwuchs zu gewinnen und die kulturelle Identität zu festigen. Im Rahmen des Programms finden Konzerte, Ausstellungen, Volkstanzveranstaltungen, Workshops und gemeinsame künstlerische Arbeitsphasen in verschiedenen Kunstsparten statt. Ein zentrales Element des Projekts ist die internationale Zusammenarbeit: Der Aufbau und die Pflege neuer grenzüberschreitender Verbindungen spielen eine wichtige Rolle – so treten regelmäßig Gastgruppen aus ungarischen Gemeinschaften außerhalb Ungarns auf. Im Rahmen dieser Initiative reiste der Unterwarter Gesangsverein am 7. Juni nach Szombathely.
Nahezu 120 Personen aus dem Komitat Vas folgten dem Aufruf zur Teilnahme: In der Kategorie „Moderner Tanz“ traten sieben Formationen an, in der zusammengefassten Kategorie für Theatergruppen, Volksliedkreise und Chöre standen zehn Gruppen auf der Bühne. Die Teilnehmenden kamen aus verschiedenen Regionen – dem Őrség, dem Alpenvorland, dem Kemenesalja und aus dem Őrvidék. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl fand die Veranstaltung an drei Orten im Komitat Vas statt: in Gencsapáti, Vasvár und Szombathely. Auf der Bühne der Kunstvolkshochschule für das Karpatenbecken präsentierten sich Vertreterinnen und Vertreter aus zwölf Kategorien – von Blasorchestern über Schauspiel und bildende Kunst bis hin zum Verfassen von Kurzgeschichten konnten die Teilnehmenden ihr Können unter Beweis stellen. Die Veranstaltung war kein Wettbewerb, sondern ein geselliges Miteinander – eine kulturelle Begegnung sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen.
Zsuzsanna Fasching, pensionierte Dozentin des Instituts für Musikpädagogik am ELTE Savaria Universitätszentrum in Szombathely, ist seit 2023 die künstlerische Leiterin des Unterwarter Gesangsvereins. „Die Ausschreibung umfasste mehrere Kategorien – unsere Kategorie war dem Gedenken an Zoltán Kodály gewidmet. Ziel war es, sein musikalisches Erbe zu pflegen und gleichzeitig in zeitgemäßer Form weiterzudenken: Sind die Lieder, die er gesammelt hat heute noch relevant? Erhalten sie durch unsere Interpretation vielleicht einen neuen Klang, eine neue Bedeutung oder Botschaft? Es bestand auch die Möglichkeit, traditionelle ungarische Volkslieder in zeitgenössischer Form zu präsentieren. Während klassische Volkslieder meist mit Zither oder anderen traditionellen Instrumenten begleitet werden, haben wir einen Synthesizer mitgebracht. Für die ausgewählten Lieder gab es keine vorhandene Begleitung – ich habe mir etwas Einfaches überlegt, damit der Chor nicht zu zaghaft klingt und die Darbietung an Qualität gewinnt“, erklärte Fasching.
Der Unterwarter Gesangsverein präsentierte bei seinem Auftritt burgenländisch-ungarische Volkslieder und kirchliche Gesänge. Zum Repertoire gehörten unter anderem „Tavaszi szél“, „Vörös bor a kezemben“, „Róla beszél fű, virág“, „Alsóőri kisleány“, „Ave Maria“ und „Add a kezed“. Die Darbietung wurde von den Fachjuroren und dem Publikum mit großem Applaus gewürdigt. Nach ihrer Mini-Tournee in Szombathely besuchten die Chormitglieder die Bischofspalais sowie die Kathedrale Mariä Heimsuchung. In der Kathedrale sangen sie das „Ave Maria“ von Franz Schubert.



Eine Woche nach dem Ausflug nach Szombathely lud der Unterwarter Gesangsverein die Ortsbevölkerung sowie Gäste aus der Umgebung zu einem sommerlichen Open-Air-Singen in den Innenhof des Dorfmuseums ein – als Saisonabschluss und gleichzeitigen Sommerauftakt. Zsuzsanna Fasching sprach über die Idee hinter der als Tradition gedachten Veranstaltung: „Die Initiative kam vor Weihnachten vom Chorobmann Márton Ilyés – er schlug vor, dass wir uns stärker den Unterwartern öffnen. Bei unserem ersten Treffen, das im Klubhaus stattfand, war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt: Adventliche Erwartung, gemeinsames Singen, Gedichte und ein stimmungsvolles Miteinander standen im Mittelpunkt. Diesmal wollten wir das Beisammensein im Laubengang als sommerlichen Jahresausklang gestalten. Wenn die Schule schließt, pausieren auch wir. Seit dem zweiten Semester arbeite ich zudem mit dem Kinderchor der Volksschule Unterwart – wir fanden, das wäre eine gute Gelegenheit, zu zeigen, was wir gemeinsam erreicht haben.“






Die fünfköpfige Gruppe der Volksschulkinder präsentierte Lieder und Gedichte in drei Sprachen – auf Ungarisch, Kroatisch und Deutsch. Einer der jungen Teilnehmer übernahm sogar die Rolle des Kleinrichters im Programm. Der Erwachsenenchor bot dem Publikum leichte kirchliche Werke und ungarische Weinlieder dar, aber auch Volkslieder in deutscher und kroatischer Sprache wurden aufgeführt. Der Nachmittag klang in entspannter Atmosphäre bei angeregten Gesprächen aus.
Fotos: János Szabó
Text: Mónika Gombás
Übersetzung: Pathy