Der Vortrag, den Márta Csire, Lektorin für ungarische Sprache am Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaften, Abteilung Finno-Ugristik, der Universität Wien, am 11. März im Kulturzentrum Mattersburg (KUZ) im Rahmen der beliebten Reihe Landeskundliche Diskussionsnachmittage hielt, behandelte den Zeitraum von 1921 bis 1938 der reformierten Volksschule in Oberwart.
Unter der Schirmherrschaft der Burgenländischen Landesbibliothek und des Burgenländischen Landesarchivs besteht seit 1955 eine Veranstaltungsreihe, die von der Landeskundlichen Forschungsstelle – einer Kooperation zwischen der Landesbibliothek und dem Landesarchiv – organisiert wird. Diese lädt jährlich in der Regel achtmal unter anderem Heimatforscher, Siedlungsforscher, Sprachwissenschaftler, Literaturwissenschaftler und andere wissenschaftlich Tätige ein, um Vorträge zu Themen mit Burgenland-Bezug zu halten. Die landeskundliche Programmschiene mit dem Titel Landeskundliche Diskussionsnachmittage deckt ein breites Themenspektrum ab – von der Archäologie über Architektur, Numismatik, Zoologie bis hin zur Zeitgeschichte. Eines jedoch ist allen Terminen gemeinsam: Im Mittelpunkt steht stets das Burgenland. Auf die spannenden Präsentationen folgt jeweils ein Diskussionsnachmittag, bei dem auch die Teilnehmenden ihre Meinungen äußern und die einzelnen Themen gemeinsam erörtert werden.

Am 11. März war Márta Csire, Lektorin für Ungarische Sprache an der Abteilung für Finno-Ugristik des Instituts für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Wien, zu Gast im Kulturzentrum Mattersburg (KUZ). Ihr Vortrag behandelte die Zeitspanne von 1921 bis 1938 an der reformierten Volksschule in Oberwart und ging dabei auch auf das damalige Minderheitenschulwesen ein.
Die Expertin für den Unterricht und die Erforschung der ungarischen Sprache in Österreich trat vor einigen Jahren mit Richárd Kádas, dem Pfarrer der reformierten Gemeinde Oberwart, in Kontakt. Durch ihn erhielt sie Einblick in das ehemalige Pfarrhaus von Oberwart sowie in das Archiv der Reformierten Kirchengemeinde Oberwart, in dem die Schriftstücke der reformierten Gemeinde aufbewahrt werden. Dieses wertvolle Archiv umfasst beinahe vierhundert Jahre und stellt eine außergewöhnliche Datenquelle dar: Von Urkunden über Korrespondenzen und Presbyterprotokolle bis hin zu ungarischsprachigen Gebeten ist die Geschichte der reformierten Gemeinschaft von Oberwart in den Dokumenten verborgen – und das nahezu vollständig in ungarischer Sprache.

„Als ich mich immer tiefer in die Presbyteriumsprotokolle einarbeitete, stellte sich heraus, dass sie zahlreiche Einträge enthalten, die sich auf das Bildungswesen beziehen. Gerade diese interessierten mich besonders. Aus dem erforschten Material entstand mein Vortrag, und ich habe mehrere Studien darüber verfasst. Die gewonnenen Informationen untersuchte ich im Kontext der damaligen Bildungspolitik und des Bildungswesens in Österreich.
Ich bin der Frage nachgegangen, wie das pädagogische Programm, das öffentliche Bildungswesen und die Sprachpolitik damals aussahen, und überhaupt, in welche Lage eine Minderheitenschule nach 1921 geriet, die im Jahr 1938 aufhörte, als kirchliche Institution zu bestehen.
Ich bin der Meinung, dass es sich – auch wenn es vor rund hundert Jahren geschah – dennoch um Zeitgeschichte handelt. Auch für die Zuhörerschaft war das Thema nicht fremd, im Grunde geht es um die Aufarbeitung ihrer eigenen Vergangenheit. Am Programm nahmen nicht nur Archivare und Bibliothekare teil, sondern auch weitere Interessierte, Menschen aus Oberwart wie auch aus dem ganzen Burgenland – und sogar eine ehemalige Schülerin von mir war dabei, die heute als Kollegin an der Ungarischen Schule in Wien unterrichtet. Es war ein gutes Gefühl zu sehen, dass sich so viele für die bedeutende und jahrhundertealte Geschichte des ungarischsprachigen Minderheitenunterrichts interessieren – und für dessen bis heute aktuelle Auswirkungen.“
Dokumente aus dem Archiv der Reformierten Kirchengemeinde Oberwart | Fotos: Márta Csire / Quelle: Archiv der Reformierten Kirchengemeinde Oberwart
Es wurde auch eine Zusammenarbeit zwischen der Universitätsfachkraft sowie der Burgenländischen Landesbibliothek und dem Burgenländischen Landesarchiv ins Leben gerufen: Márta Csire erhielt die Möglichkeit, die dortigen Archivmaterialien zu erforschen und ihre Sammlung mit den in der Einrichtung verfügbaren Daten zu ergänzen.
„Das Ziel der Forschung über die Ungarn im Burgenland – ja überhaupt der wissenschaftlichen Arbeit im Zusammenhang mit Minderheiten – besteht nicht zwingend darin, das Überleben dieser Minderheiten zu sichern. Dennoch unterstützt sie diesen Prozess auf indirekte Weise. Denn selbst wenn es nur mittelbar geschieht, ermöglicht sie es, die Vergangenheit zu erforschen und aufzuarbeiten. Gelangt dieses Wissen dann durch verschiedene populärwissenschaftliche oder informierende Vorträge an ein breiteres Publikum, so haben die Mitglieder der Gemeinschaft die Möglichkeit, ihre eigene Geschichte kennenzulernen. Sie können stolz darauf sein, diese Geschichte kann ein Teil ihrer Identität werden. Sie verstehen, wie sie dorthin gelangt sind, wo sie heute stehen – und all das stärkt in jedem Fall die nationale Identität und das Selbstbewusstsein.“

„Ich freue mich darüber, dass in letzter Zeit immer mehr Ungarinnen und Ungarn, die in diesem Land leben, erkannt haben, wie wichtig der muttersprachliche Unterricht für ihre Kinder ist. Hier in Österreich besteht die Möglichkeit dazu – es gibt Erstsprachenunterricht. Die neue Generation erhält die Chance, Ungarisch nicht nur zu Hause zu sprechen und zu verwenden, sondern auch im öffentlichen Bildungssystem. Dies ist sowohl aus sprachlicher als auch aus kognitiver Sicht von großer Bedeutung. Mehrsprachigkeit ist ein Wert.“ – fasste Márta Csire zusammen.
Der in Mattersburg gehaltene Vortrag wird in das noch dieses Jahr erscheinende Burgenländische Heimatblatt aufgenommen, welches Zusammenfassungen der Landeskundlichen Diskussionsnachmittage enthält. Diese Publikationsreihe wird vom Regionalen Forschungszentrum herausgegeben und erscheint viermal jährlich.
Text: Mónika Gombás
Übersetzung: Pathy