Benannt nach dem Arkadenhaus aus dem Jahr 1784, lockte das Fest auch heuer zahlreiche Interessierte an: Am 14. September wurde nach dem zweisprachigen Gottesdienst bei einem Open-Air-Picknick ungezwungen geplaudert, die Kinder vergnügten sich in der Hüpfburg. Zum traditionellen, seit Jahrzehnten veranstalteten Herbstauftakt der Reformierten Pfarrgemeinde Oberwart kamen nicht nur Gemeindemitglieder, sondern auch Menschen aus anderen burgenländischen Orten; unabhängig von Religion und Alter konnte man sich im Zeichen der ökumenischen Einheit wohlfühlen.
Das Arkadenfest der Reformierten Pfarrgemeinde Oberwart begann auch diesmal mit einem zweisprachigen Gottesdienst. Der Gemeindechor sang auf Ungarisch und Deutsch, geleitet von seinem Chorleiter und Kantor Dániel Cséfalvay.


Ein Höhepunkt des Nachmittags war der Auftritt der Ungarischen Volkstanzgruppe Oberwart. Die Gruppe präsentierte sich heuer mehrfach auch international: in Litauen, Serbien und Deutschland; am 25. September treten sie in Rovinj (Kroatien) auf. Bei der Gemeindefeier zeigte die Gruppe Oberwarter Tänze – lakodalmas (Hochzeitstanz), legényes (Burschentanz), csizmanéző (Stiefelklopfer-Tanz) und párnéző (Paartanz).




Seit einigen Jahren wartet neben dem Pfarrhaus eine Hüpfburg auf die Kinder: Während die Erwachsenen plaudern und essen, bekommen auch sie ein altersgemäßes Erlebnisangebot. Éva Gangoly, Präsidentin des Reformierten Jugendlesekreises Oberwart, engagierte sich in der Organisation: „Wir kommen jedes Jahr zusammen, damit wir Zeit haben, miteinander zu reden. Und zwar nicht nur unter uns, sondern auch mit anderen – aus nahezu allen Konfessionen kommen Gäste; Katholiken, Evangelische, Leute aus anderen Orten. Wichtig ist, dass wir einmal im Jahr zusammenkommen, ungezwungen ins Gespräch kommen und so ungarische Werte weitertragen.“










Stimmungsbilder | Fotos: József Miklós und Mónika Gombás
Istvanits Kerstin, Mitglied des Gemeinderats und verantwortlich für die Bibliothek des Lesekreises, lenkte den Blick auf die Situation der ungarischen Sprache: „In vielen Familien spricht man nicht mehr Ungarisch, die Eltern geben den hiesigen Dialekt nicht weiter; der Fokus liegt heute anderswo, die Dynamik hat sich verändert – den Dialekt zu bewahren ist schwer. In letzter Zeit sind spürbare Veränderungen zu beobachten – wir befinden uns im Wandel, und die Sprache spiegelt das wider. Früher war Ungarisch im Alltag präsent, vor allem dank der heute Älteren – leider werden sie immer weniger. Wer die Sprache weitergeben konnte, hält sie lebendig und trägt so zu diesem Erbe bei. Immer weniger Menschen kommunizieren auf Ungarisch; manche verstehen es zwar noch, sprechen es aber nicht mehr. Seit der EU-Erweiterung ziehen viele nach Österreich und finden hier eine neue Heimat – für sie ist Ungarisch zugleich Chance und Sicherheit. Wir heißen diese Menschen bei unseren zweisprachigen Gottesdiensten und Veranstaltungen herzlich willkommen. Zum Glück kommen viele – und werden Teil unserer Gemeinschaft.“







Mária Magdolna Tariska und ihr Mann Péter Csermenkó ziehen fünf Kinder groß, eines davon mit Down-Syndrom. In Nagykovácsi (Ungarn) wollten sie nicht länger bleiben; sie suchten im Burgenland einen Ort, an dem ungarische Werte gepflegt werden und es eine reformierte Gemeinschaft gibt. So fiel ihre Wahl auf Oberwart – im März dieses Jahres sind sie hierhergezogen. Pfarrer Richárd László Kádas, Seelsorger der Reformierten Pfarrgemeinde Oberwart, unterstützte sie bei der Vorbereitung und Integration.

Pfarrer Richárd László Kádas, Seelsorger der Reformierten Pfarrgemeinde Oberwart,erklärte: „Heuer sind zwei Familien gekommen. Wir waren immer offen für Neuansiedler. In habsburgischer Zeit war unsere Gemeinde eine artikularische Gemeinschaft – das hieß, hier konnte der reformierte Glaube frei praktiziert werden, es durften Gottesdienste stattfinden. So waren wir im Grunde von Graz bis ins Balaton-Oberland die einzige reformierte Gemeinde. Manche reisten mehrere Tage, um ihr Kind taufen zu lassen. In unserem Archiv gibt es etwa Fotos, wie wir 1956 ungarische Flüchtlinge im Gemeindesaal mit Essen und Kleidung versorgen. Wir sind in jeder Lage offen – für uns ist das eine Glaubenspflicht: Gottes Liebe gilt allen.“ Er betonte die Bedeutung der Offenheit und Aufnahmebereitschaft und hob zugleich die Wichtigkeit des traditionellen herbstlichen Treffens hervor: „Es ist nicht nur aus ungarischer Perspektive wichtig und nicht bloß ein reformiertes Gemeindefest, sondern auch für die Ökumene. Die Beziehungen zwischen den Konfessionen im Burgenland werden immer stärker: Wir kündigen gegenseitig unsere Veranstaltungen und wichtigen Anlässe an und bemühen uns, auch an den Programmen der jeweils anderen teilzunehmen. Aus Oberwarter Sicht ist das Arkadenfest ebenfalls bedeutsam: Wir begegnen einander zwar beim Einkaufen, arbeiten vielleicht am selben Ort, es gibt viele Mischehen – aber es geht nicht ausschließlich um Ungartum oder unmittelbar um das Reformiertsein, sondern um gemeinsame Zeit, die die ganze Stadt bzw. die Region betrifft.“

Im Garten des Oberwarter Arkadenhauses begegneten sich abermals Vergangenheit und Gegenwart: Die Mauern des Gebäudes stehen seit Jahrhunderten fest; die Gemeinschaft, der es Heimat bietet, ist hingegen lebendig, im Wandel und offen. Das Arkadenfest bietet Jahr für Jahr Raum, die ungarische Identität zu leben, die religiöse Gemeinschaft zu stärken und den ökumenischen Dialog zu pflegen.
Text: Mónika Gombás
Übersetzung: Pathy





































